RESULTATE
Fanionteams  
Aarau - YB (C) 1:0
Aarau - YB Frauen  0:2
   
Youth Base  
Zürich - U21 5:1
Zürich - U19 2:1
U17 - Zürich 4:2
U16 - Zürich 4:1
Team Vaud - U15 1:3
   
Nachwuchs Frauen  
FU20 - Zürich 2:2
Solothurn - FU18 * 4:5
Länggasse - FU17 2:4
FU16 - Rapperswil * 1:2
Zollikofen - FU14 9:1
   
* = Testspiel / (C) = Cupspiel
19.09.25
Interview Marcel Brülhart
«Unsere Infrastruktur entwickelt sich zur Achillesferse»

Marcel Brülhart ist seit dem 1. Juli Präsident des YB-Verwaltungsrats. Der Rechtsanwalt und Unternehmer erklärt im Interview, dass sich YB in einem Umbruch befinde. Und er sagt, YB solle auch in Zukunft unabhängig sein und ein «Kulturgut» bleiben. 

***

Wie gehst Du dein neues Amt an? 
Mit grossem Respekt und Dankbarkeit. Noch vor nicht allzu langer Zeit, in den Jahren 2016/2017, lag YB wirtschaftlich komplett am Boden, und ein Titelgewinn war seit einer gefühlten Ewigkeit ausgeblieben. Das Ausmass der finanziellen Verbindlichkeiten wurde nie kommuniziert, und man kann es sich heute fast nicht mehr vorstellen. YB konnte nur noch durch riesige finanzielle Engagements von Jöggi und Andy Rihs am Leben erhalten werden. 

Dann ging es bergauf... 
Es fand eine spektakuläre Gesundung statt. Diese verdient grössten Respekt. Natürlich war diese Entwicklung getrieben durch den sportlichen Erfolg unter der Führung von Christoph Spycher, aber nicht nur. Der im Jahr 2017 neu zusammengesetzte Verwaltungsrat und die operative Leitung haben gemeinsam dafür gesorgt, dass von YB-Werten nicht nur gesprochen wird, sondern diese auch tagtäglich gelebt werden – vorgelebt auf oberster Stufe von Jöggi Rihs und Hampi Kienberger. Dadurch ist YB wieder in viele Herzen in der Region und der gesamten Schweiz zurückgekehrt, was uns auf allen Ebenen geholfen hat. Zahlreiche Anhängerinnen und Anhänger verbindet eine Nähe zu YB, die nur bedingt vom sportlichen Erfolg abhängig ist. Ich bin dankbar dafür, für einen Klub, der so viel Identifikation stiftet, tätig sein zu dürfen. 

Angeregtes Gespräch im Stadion von Slovan Bratislava: Marcel Brülhart mit seinem VR-Kollegen Georges Lüchinger.

 

Was beschäftigt Dich sonst? 
Das Amt ist mit grossen Herausforderungen verbunden, was mich reizt und motiviert. Nach den letzten acht Jahren der finanziellen Gesundung und mit grossen sportlichen Erfolgen befinden wir uns in einem Umbruch, nicht nur in sportlicher Hinsicht. Es geht darum, die Weichen für eine nachhaltig erfolgreiche Zukunft zu stellen, geschickt zu investieren und dabei unsere DNA, unsere Werte zu bewahren. Dafür braucht es Visionen, Hartnäckigkeit und Demut. Umbrüche benötigen immer mehr Zeit, als man denkt und sich wünscht. 

Was steht im Zentrum? 
Uns allen ist bewusst, dass sich unsere Infrastruktur zusehends zur Achillesferse entwickelt. In den 2000er-Jahren gingen in Europa viele davon aus, dass dem Kunstrasen die Zukunft im Spitzensport gehören wird. Das hat sich nicht bewahrheitet, im Gegenteil. Zusammen mit einem kasachischen Team sind wir mittlerweile der letzte Klub in den europäischen Top 100, die noch auf Kunstrasen spielen. Wir müssen in den nächsten Jahren unbedingt die Rückkehr zum Naturrasen realisieren und zeitgemässe Trainingsmöglichkeiten schaffen, sonst verlieren wir den Anschluss auch an die nationale Spitze. Wenn Spieler oder Trainer zu uns kommen wollen, vermuten sie oft einen Scherz, wenn ihnen erzählt wird, dass unsere Spitzenteams auf nur einem Platz trainieren...

Stichwort Frauen-Fussball. 
Der Erfolg unseres Frauen-Spitzenteams und die herausragenden Resultate der Nachwuchs-Frauenteams bestätigen uns zwar im eingeschlagenen Weg, aber auch hier stehen wir vor einer eigentlich unzumutbaren Situation bezüglich Infrastruktur. Weil im Klub alle ständig bemüht sind, sich gegenseitig zu helfen und viel Verständnis füreinander aufbringen, können wir uns gerade noch irgendwie durchwursteln. Aber das ist mit Sicherheit keine Perspektive für die Zukunft. 

Wie sieht es bezüglich Infrastruktur für den Nachwuchs aus? 
Auch die Anforderungen an den Nachwuchsbereich steigen stetig, bei den Mädchen und Buben gleichermassen. Hier wollen und müssen wir die nächsten Schritte machen. Und schliesslich fordert uns die Entwicklung gerade von Ligen, wie insbesondere der zweiten Bundesliga und der englischen Championship, zunehmend heraus. Die Rahmenbedingungen haben sich in diesen Ligen in den letzten Jahren deutlich verbessert und die Saläre sind massiv gestiegen, getrieben durch die grosse Anziehungskraft des Fussballs in zahlreichen Ländern bis in die dritten Ligen hinunter. 

Wo stehen die Infrastruktur-Projekte? 
Wir sind in den letzten drei Jahren grosse Schritte weitergekommen. Die gesamte Organisation hat eine Lernkurve hinter sich, und ich bin stolz auf die Bereitschaft, insbesondere der sportlichen Abteilung, unsere Bedürfnisse zusammen mit jenen der Allgemeinheit zu denken. Der geplante Campus in Bolligen und Ostermundigen hat sich von einem «YB-Campus plus» zu einem «Campus für die Allgemeinheit plus YB» gewandelt. Das Projekt ist höchst komplex, wir kommen aufgrund der hervorragenden und vertrauensvollen Zusammenarbeit auf Augenhöhe mit den beiden Gemeinden und dem Kanton Bern aber erstaunlich rasch voran. 

Zukunftspläne: Sp sieht das Projekt zwischen Bolligen und Ostermundigen aus.

 

YB ist es wichtig, nahe bei der Bevölkerung zu sein. 
Ja. Eine solch vielfältig nutzbare Infrastruktur zusammen mit einem Spitzenklub gibt es in ganz Europa nicht. Und der Ansatz passt perfekt zu uns, wir wollen kein abgesonderter Klub in einer Blase werden, sondern inmitten der Gesellschaft sein und Verantwortung wahrnehmen. Damit setzen wir eine Gegenposition zum allgemeinen Trend im europäischen Fussball. 

Wie läuft die Zusammenarbeit mit den Behörden? 
Sehr gut. Auch die Testplanung betreffend Neuordnung der Allmenden in der Stadt Bern, verbunden mit unserem Wunsch nach zwei Rasenplätzen, verläuft konstruktiv und ermutigend. Ich möchte mich an dieser Stelle bei den Gemeinden Bolligen und Ostermundigen, dem Kanton Bern und der Stadt Bern von Herzen bedanken! Wir sehen nach 20 Jahren der erfolglosen Lösungssuche Licht am Ende des Tunnels, auch wenn es bei den beiden Projekten noch ein langer Weg bis zu einer allfälligen Realisierung ist. 

Spitzen- und Breitensport sind untrennbar verbunden. 
Ja. Wir haben in beiden Bereichen einen grossen Mangel an Plätzen. Wenn immer möglich müssen wir Lösungen für den Spitzen- und den Breitensport finden, zusammen mit der öffentlichen Hand. Persönlich halte ich es gesellschaftlich für äusserst fragwürdig, wenn Tausende von Kindern in der ganzen Schweiz weder Fussball oder Hockey spielen noch Leichtathletik oder eine andere Sportart betreiben können. Im reichsten Land der Welt. 

Wohin gehen die Entwicklungen im Frauen- und Nachwuchsbereich? 
Bekanntlich kaufen wir unseren Erfolg im Frauenfussball nicht, sondern setzen auf eine organische Entwicklung, basierend auf der hervorragenden Arbeit im Nachwuchsbereich. Mit Fränzi Schild, Rolf Kirchhofer und Imke Wübbenhorst haben wir Persönlichkeiten in unseren Reihen, welche diesen Weg mit voller Überzeugung vorangehen. Die Kehrseite des eher unerwarteten letztjährigen Erfolges sind die vielen Abgänge an Leistungsträgerinnen, weshalb wir in einer Saison des Umbruchs mit herabgesetzten Erwartungen sind. 

Im Frauen-Bereich zeichnen sich die nächsten Fortschritte ab. 
Ja, übergeordnet arbeiten wir an der Einführung des Halbprofitums, nächsten Professionalisierungsschritten im Staff, weiteren Verbesserungen im Nachwuchsbereich und insgesamt an einer Verbesserung der Rahmenbedingungen. Besonders freut uns das stark gestiegene Interesse des Publikums und von Sponsorinnen und Sponsoren. Die UEFA Women’s EURO 2025 kam genau zur richtigen Zeit, hat beeindruckt und riesigen Spass gemacht. Ebenfalls erwähnen möchte ich die grossartige Entwicklung der Frauen des FC Ostermundigen, die in die zweitoberste Liga aufgestiegen sind. Dies ergibt interessante regionale Perspektiven. Im Nachwuchsbereich insgesamt streben wir flexiblere Lösungen bei der Ausbildung sowie eine erweiterte soziale Begleitung der jungen Menschen an, gerade wenn sie den Sprung in den Spitzensport nicht schaffen. Dazu kommen die erwähnten infrastrukturellen Verbesserungen – sportlich mit dem Ziel, regelmässig noch mehr junge Spielerinnen und Spieler in die ersten Teams integrieren zu können. 

Was verstehst Du unter gesellschaftlicher Verantwortung? 
Man darf dieses Thema nicht zu hoch hängen, da es eigentlich eine Selbstverständlichkeit ist. Wer so viele Menschen wie wir erreicht, muss sich bei dem, was sie oder er tut, etwas mehr als gewöhnlich überlegen. Dies beginnt in unserer grossen Nachwuchsabteilung, die mit Abstand grösste der Region. Da wird bei der Spielerentwicklung grossartige Arbeit geleistet. Den jungen Menschen werden wichtige Werte mit auf den Lebensweg gegeben. In erster Linie geht es dabei um Interesse an und Auseinandersetzung mit Menschen unterschiedlichster Herkunft, Toleranz, Engagement gegen Rassismus, Hilfsbereitschaft, intrinsische Motivation und einen gesunden Leistungswillen. Die meisten von ihnen schaffen es nicht in den Spitzenfussball, sie werden später oftmals in regionalen Vereinen spielen oder als Trainerinnen oder Funktionäre tätig sein. Dort können diese Werte Wirkung für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft entfalten. 

Im Bereich Nachhaltigkeit ist YB in der Liga führend. 
Das freut uns natürlich, spornt uns aber auch weiterhin an. Bezüglich Nachhaltigkeit gibt es oft Naheliegendes, das bei der Suche nach innovativen Lösungen gerne unbeabsichtigt vernachlässigt wird. Ich besuchte in einem anderen Zusammenhang kürzlich Institutionen für stark beeinträchtige Kinder, in denen YB auf Zeichnungen und Fanartikeln omnipräsent ist, was mir so nicht bewusst war. Mit jedem Besuch, insbesondere von Spielerinnen und Spielern, können wir ohne grossen Aufwand riesige Freude bereiten. Was wir übrigens bereits tun, aber wir können dies noch ausbauen. 

Woher kommt dein Optimismus angesichts all dieser Herausforderungen? 
Ohne Daueroptimismus kann man nicht Fussballfan sein (schmunzelt). Der Optimismus beginnt bei unserem Hauptaktionär Jöggi Rihs. Mit ihm haben wir eine Persönlichkeit, die Menschen und den persönlichen Austausch mit ihnen liebt, ihnen Vertrauen schenkt, Selbstkritik und Entwicklung einfordert und eine langfristige Perspektive verfolgt. YB soll auch in Zukunft unabhängig und fest mit der Region verankert sein – ein «Kulturgut» bleiben, wie Jöggi gerne betont. Dem entspricht die Haltung des Verwaltungsrats. Eine langfristige Vision und Konstanz auf der obersten Ebene sind ungewöhnlich im Spitzenfussball und strahlen auf die ganze Organisation aus. Auf allen Ebenen arbeiten die Menschen bei uns mit grossem Engagement und oft intrinsischer Motivation. Keine egoistischen «Lautsprecher», sondern Menschen, für die das Wohl von YB immer an erster Stelle steht. Hinzu kommt ein grosses und treues Umfeld von Fans, Sponsorinnen und Partnern, die Erfolge und Enttäuschungen meist einordnen können. 

Wie steht es um Deinen Antrieb? 
Mein persönlicher Optimismus beruht auf den Erfahrungen der letzten vier Jahre: Ich habe eine Organisation kennengelernt, die auf allen Ebenen sehr ehrgeizig und leistungsbereit ist. Und gleichzeitig die Kraft zu Selbstkritik, Erneuerung und Demut hat. Wir setzen alles daran, dass der laufende Umbruch erfolgreich sein wird und insbesondere sportlich möglichst nicht zu lange dauert. Getreu dem Slogan unserer Fankurve «Nüt isch säubverständlech».

[as][sst]




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